Pfaffenhofen, im Dezember 1998

Liebe Verwandte und Freunde,

Allen Versuchen zum Trotz, die Vorweihnachtszeit besinnlich zu gestalten, hat uns gerade zum Jahresschluss der Fluch der Technik ereilt: Computer, Fotoapparat, Videokamera, und, was am schlimmsten ist, die Küchenwaage haben sich in die ewigen Jagdgründe verabschiedet (unsere Vanillekipferl sind dieses Jahr sehr mehlig). Aber was wäre ein guter Ingenieur ohne ein paar Reservegeräte? Also schreibe ich diesen Brief eben an unserem alten Rechner, der allein geräuschmässig schon stark an eine Dampflok erinnert (“was hast du gesagt?”); eine “dumme” alte Kamera haben wir auch noch; und die restlichen Plätzchen werden halt mit Hilfe der Briefwaage (anno ca. 1970) produziert.

Der Techniktücken nicht genug, ist heute nacht auch der gesamte schöne Schnee weggeschmolzen; dabei hatten sich die Kinder gerade so daran gewöhnt, und fuhren beide wie die Wilden mit Rutschtellern, Schlitten und Knüppelbob den Abhang am Spielplatz hinter unserem Haus hinunter. Jetzt können halt nur noch Mama und Tochter gelegentlich zum Schlittschuhlaufen gehen. Nun ja, Sohnemann wird bestimmt an den Pfützen auch seine Freude haben.

Das soeben vorbeigehuschte Jahr war diesmal erfreulicherweise nicht von einschneidenden Ereignissen geprägt: nur das übliche Kaleidoskop von Kindergartenveranstaltungen (bei denen wir zu Hoffotografen erklärt wurden), Arztbesuchen (wieder sehr viele, aber nichts wirklich Ernstes), Urlauben (in Dänemark, angenehm ruhig, und in der Bretagne mit dem Wohnmobil, ziemlich aufregend) und dem ganz normalen Alltag mit zwei Kindern und zwei Teilzeitarbeitsplätzen.

Bei den letzteren gab es ein paar Veränderungen: Joachims Brötchengeber wurde von der Dasa übernommen, selbe wiederum in DaimlerChrysler eingegliedert, und nun ist das wichtigste Thema für das Management der Aufbau des neuen Firmengesichtes. Beim Patenamt ist es auch nicht mehr so gemütlich wie früher; es weht ein ziemlich eisiger Wind, der sehr deutlich “Quantität vor Qualität” beinhaltet und damit nicht zur Verbesserung des Arbeitsklimas beiträgt.

Dafür machen die Kinder nur wenig Probleme. Bettina und Christoph entwickeln sich zu äusserst selbstbewussten jungen Menschen (heisst das “Trotzphase” oder “Pubertät”?), kehren aber immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Beide sind auf ihre Weise sehr kreativ; die eine malt und bastelt hervorragend (siehe umseitig), der andere singt schön (richtig!) und spielt ausdauernd und phantasievoll mit seinen Autos. Beide analysieren die Welt um sich herum scharfsinnig und lassen den Eltern keine Unstimmigkeiten durchgehen.

Wir hoffen, dass Euch das Leben ähnlich wohlgesonnen ist und wünschen Euch ruhige und schöne Weihnachten und ein gutes Neues Jahr 1999.

Cordula, Joachim, Bettina und Christoph