Pfaffenhofen, im Dezember 2008

Liebe Verwandte und Freunde, Bekannte und Unbekannte,

Ein ganz normales Jahr geht zu Ende. Die Welt stürzt in die Finanzkrise, und all das Luftgeld, das so herumgebucht wurde, um Großbankern Freude zu machen, stellt sich als genau dieses heraus. Unser Mitleid gilt allen Kleinsparern/ Häuslebauern/ Rentenfinanzierern, die fleißig gearbeitet haben, um nun vor dem Nichts zu stehen! Wir sind ja bisher nicht betroffen, aber die eventuelle Rente ist auch noch weit weg.

Was nicht heißt, dass wir nicht älter und die Kinder nicht weiser würden (oder war es umgekehrt?). Von der Schule lässt sich jedenfalls bei uns jetzt keiner mehr ärgern. Bettina geht ihren Weg alleine, auch wenn sie (sehr) gelegentlich ganz gerne mal etwas Hilfe annimmt, und Christoph durfte auf Latein verzichten und besucht nun die Realschule, wo er mit Fächern wie "Haushalt und Ernährung" oder "Tontechnik" (nein, kein Gebazel, sondern Mikrofone, Kabel, Equalizer und so) sehr zufrieden ist. Die Noten in Englisch und Deutsch sind auch um zwei Stufen besser, und mit Fach- oder Berufsoberschule steht ihm ja auch noch jeder akademische Weg offen. Diese Baustelle ist nun erstmal geschlossen.

Daher konnten wir uns im Sommer ganz aufs Ferienmachen konzentrieren, was wir mit drei Wochen Kanada auch ausgiebig getan haben. Dort waren wir mit einem klitze­kleinen Wohnmobil im Westen zwischen Dinosaurier­(spure)n und dem Pazifik unterwegs, nicht ohne unterwegs eine Woche auf einer Ranch zu verweilen, wo Bettina nach Herzenslust reiten konnte. Die Landschaften dort, die Weite, die Einsamkeit und die Herzlichkeit der Leute haben uns schon schwer beeindruckt. Begegnungen der gruseligen Art mit der örtlichen Fauna (Bären usw.) sind glücklicherweise ausgeblieben.

Auch Cordula hat sich dieses Jahr zu ungewöhnlichen Outdoor-Aktivitäten hinreißen lassen: nach einem Wildniscamp mit Zeltübernachtungen bei frischen Temperaturen Anfang Mai, wo man Spurenlesen und Feuermachen lernen konnte, traute sie sich in Kanada auch aufs Pferd, und im Oktober dann noch mit Christa ins Gebirge. Aufgrund frühen Schneefalls ging es dabei nicht so hoch, wie Christa sich gewünscht hätte, worüber der untrainierte Teil der Wandergemeinschaft aber durchaus froh war. Auch die Doppel konnte dabei mal wieder ein paar Tage in Vorauf verbringen, wo sie dann mit großem Wehmut Abschied genommen hat. Aber man weiß ja nie, was noch kommt.

Ein neues Hobby haben wir auch. Es nennt sich "Geocaching", das ist so etwas wie eine Schnitzeljagd mit GPS-Gerät, wobei man die Schnitzelstrecke und das dazugehörige Rätsel dem Internet entnimmt, wo andere Schnitzeljäger sie zur Verwendung für den Rest der Welt eingestellt haben. Eigentlich wollten wir die Kinder mit der Aussicht auf "Schatzsuche" ins Freie locken, aber denen war es bald zu langweilig (man muss halt doch viel rechnen, laufen und suchen), so dass Joachim und Cordula nun meistens alleine unterwegs sind, das dafür aber fast jedes Wochenende. Auch alle greifbaren Freunde und Bekannten haben wir schon mit unserem Hobby belästigt, aber bisher hat doch jeder zuge­stimmt, dass man auf diese Art an Stellen kommt, die man sonst nie gesehen hätte - und die meistens auch noch sehenswert sind. Eigene Caches (=Schätze) haben wir auch schon versteckt, in Niederscheyern und in Vorauf, aber allzu viele Leute haben sie bisher nicht gesucht - ist wohl zuviel Mathematik in den Aufgaben, das schreckt ab. Aber wir können halt nicht aus unserer Ingenieurs-Haut. Insbesondere Joachim sprudelt nur so vor Ideen, und läuft nun die ganze Umgebung ab, immer mit einem Blick auf Sehenswürdigkeiten und potentielle Verstecke. Cordulas Spezialität ist dann mehr der Einbau von Logikfallen in die Denkaufgabe (da schlägt dann der Beruf zu).

Und weil das neue Hobby so viel Spaß macht, versuchen wir es auch auszuüben, wenn man eigentlich anderweitig unterwegs ist. Zum Beispiel die Südtirol-Bustour Anfang Oktober zur Feier von Onkel Peters 60. Geburtstag, bei der ca. 40 seiner Freunde und Verwandten drei lustige Tage miteinander verbracht haben: dort wollten wir bei der geplanten Bergumrundung vier Caches "mitnehmen"; das fiel aber ins Wasser bzw. in den Schnee, denn auf unserer Fahrt dorthin schneite es gar fürchterlich, was dann die Wanderabsichten am Samstag ganz und gar zunichte machte. Aber wir kommen wieder, oder woandershin, wenn Peter nun bald in Pension geht, und endlich Exkursionen organisieren kann. Im Bayerischen Wald gibt es noch viel interessante Geologie (und Caches) zu entdecken ...

Bei besagter Geburtstagsfeier hatten wir, d.h. Kesslers und Rothners, auch unseren ersten Gesangsauftritt als "Los Brillos" (leider gibt es die schon), und erfreuten das Publikum mit einer von Joachim auf Peter umgedichteten Version von "It's my Life". Beim Proben hatten wir einen Mordspaß, so dass wir uns gerne wieder zum Singen treffen würden, aber ohne konkreten Anlass schlafen solche Vorsätze ja leider immer ganz schnell ein.

Nun steht wieder die Vor-Weihnachtsfeier in Augsburg an, bei der wir diesmal nicht Tante Rosis köstliche Gerichte genießen werden, da sie nach ihrer Hüftoperation besser nicht so lange in der Küche stehen soll. Dafür gibt es aber am Kuhsee ein Gasthaus mit Platz für uns alle (und einen kindergeeigneten Spaziergangs-Cache!). Die Plätzchen, von denen bei uns mehr als die Hälfte Bettina gebacken hat, werden aber wie immer in der Lessingstraße aufgetischt. Ein wenig später werden wir uns dann noch vor den Feiertagen nach Vorauf verabschieden, und lassen unsere neue Wärmepumpe alleine im Garten vor sich hin klappern*. Wir wünschen Euch ein frohes Fest und ein segensreiches Neues Jahr 2009 (mit viel Schnee, aber nicht auf den Straßen):



* Aufgrund unerklärlicher Resonanzen scheppert es in unserem Regenfallrohr, als ob jemand Schlagzeug übt!


PS1: Bettinas Erkenntnis des Jahres:
Schickst du eine Frau zum Outdoor-Training, will sie das Gelernte nachher gleich überall anwenden.
Schickst du einen Mann zum Outdoor-Training, braucht er nach all der Anstrengung Erholung.
Schickst du eine Frau in den Wellness-Urlaub, ist sie danach erholt und voller Tatendrang.
Schickst du einen Mann in den Wellness-Urlaub, glaubt er, es geht nachher so weiter mit dem Bedientwerden.

PS2: Bettinas Spruch des Jahres (zum Thema kleine Brüder):
Ich fühle mich so sehr wie 16, ich denke immer, Christoph ist 14.