Zurück zur Reiseseite
Zurück zur Hauptseite

Schottland

17. Juni - 4. Juli

1992



Expeditionsteilnehmer:


Karin Schneider (Fahrer und Logbuchführer)

Joachim Keßler (erster Wanderer und einziger Mann)

Cordula Keßler (zweiter Wanderer und "Red.")


Mittwoch, 17.6.92

Mit Ausnahme unserer männlichen Begleitperson hat ja jeder noch bis Mittag geschuftet und so treffen wir uns gegen 14 Uhr am Eincheckschalter der British Airways in München. Mein lieblicher Rucksack mußte natürlich beim Gepäck mit Überlängen und -größen eingecheckt werden. Als wir dann endlich nach etlichen Abflugsteigwechseln im Flieger saßen, durften wir schon die Bequemlichkeit desselben testen. Da die Flugsicherung in Frankfurt wieder Tomaten auf den Augen hatte, konnten wir erst eine Stunde später starten (wegen Luftraumenge usw.). Das hieß aber, daß wir von unserer Zeit zum Umsteigen in London nur noch 25 Min. hatten, was bedeutete, daß wir unseren eigentlichen Flug verpaßten. Aber das war kein Problem, wir nahmen einfach den Flieger eine Stunde später. Der Erfolg war, daß wir gegen 21 Uhr glücklich im riesigen Ford Sierra (90 PS) gen Norden düsten. Um 21.45 brachen wir dann in ein süßes B&B in Shandon ein (ich kann es gar nicht fassen, daß sie uns trotzdem noch aufnahmen). Aber es war dort so gemütlich, daß wir gleich als "Joachim and the girls" für unsere letzte Nacht vorreservierten. Beim Frühstück hatten wir dann auch noch tolle Unterhaltung durch die 2 weiteren Gäste, denn das waren ausgebildete Taucher, die uns allerhand erzählten [z.B. von dem Piper Alpha-Unglück - Red.].

Donnerstag 18.6.92

Wie bereits erwähnt, schafften wir es erst gegen 10 Uhr (fast noch 9.30 Uhr), aufzubrechen. Die erste Fahrt führte uns zu einem kleinen Tante-Emma-Laden, denn nachdem wir am Abend vorher auf Wasser aus der Leitung angewiesen waren, brauchten wir vernünftige Getränke. Mit allem ausgestattet ging's dann weiter. Wir suchten uns bereits ca 1 1/2 Stunden später ein B&B (Old School House in Cairndow), diesmal allerdings mit Einzel- und Doppelzelle, denn mein zerstörerisches Urwaldgeholze nervte bald. Außerdem war die Wohnung diesmal abgeschlossen und wir waren Selbstversorger [Appartement; Frühstücksmaterial wurde von dem schlitzohrigen Vermieter gestellt - Red.]. Dies beschlossen wir sofort auszunutzen und wollten auf dem weiteren Weg im Laufe des Tages dafür noch "irgendetwas" einkaufen. Nach Zimmerbelegung ging's dann weiter und wir lernten die in Schottland üblichen Straßen kennen - einspurig mit Ausweichbuchten. Irgendwo in der Pampas stellten wir das Auto ab und J. und C. zogen los [Steine sammelnd etwas bergauf, entlang Wasserpipeline - Red.], während ich auf's Auto aufpaßte und mich lesend sonnte. Jawohl sonnte, denn bis jetzt ist es brutzelig heiß. Habe bis jetzt weder langen Pullover noch Jacke benötigt. Als die zwei wieder zurückkehrten, fuhren wir wieder in Richtung unseres B&B's, stoppten allerdings noch an einem Shop [Otter Ferry, mit Post Office, aber am AdW - Red.], um für besagtes Abendessen vorzusorgen. Die Auswahl war allerdings atemberaubend. Wir besorgten 2 Dosen Hühner-Gemüse-Suppe und eine Dose Erbsen zum Aufmotzen. Das dazugehörige Brot kauften wir uns in einem weiteren Geschäft dieser Art - eingefroren. Aber trotzdem gestalteten wir dieses Mahl am Abend köstlich und auch die grausligen Fußballergebnisse [Deutschland verlor gegen Holland Red.], per Television verfolgt, konnten uns nicht schaden. Nur, wer eine Runde weiter kommt, wissen wir immer noch nicht. Saumüde fielen wir jedenfalls ins Bett.

Freitag, 19.6.92

Topfrisch erheben wir uns gegen 7.30-45 Uhr. Nach opulentem Frühstück, zubereitet von unseren Spitzenköchen [Messer zum Baconstreifen-für-die- Rühreier-Schneiden war stumpf! - Red.], gelang uns der Aufbruch wieder erst gegen 10 Uhr. Erster Halt heute war Inveraray; bloß das Schloß hatte zu. Machte aber nichts, denn die 3 Pfund Eintritt wäre es uns eh nicht wert gewesen. Weiter ging die Fahrt dann über tolle Gebiete [mit teerigen Parkplätzen, hihi - Red.] nach Fort William, wo wir uns 2 Tage einnisten wollen. Dort angekommen, stiefelten wir im Nu in das Tourist Office und besorgten uns neben boshaften Karten auch die Unterkunft für die nächsten 2 Tage. Nach Geld umtauschen fuhren wir auch sofort zu unserem neuen B&B. Dort planten wir in groben Zügen die nächsten 2 Tage und gingen dann einkaufen [zu Fuß!! - Red.]. Anschließend fuhren wir ins Glen-Nevis-Tal, wo sich Joachim und Cordula auf den Weg machten [fantastische Schlucht mit ausgewaschenen Felsen, nach einer halben Stunde bergauf eine idyllische Wiese mit einer Hängeseilbrücke zum Alpenvereinshäuschen - Red.], während ich jetzt bei strahlendem Sonnenschein, Bullenhitze und sonnenbrand-kriegend diese Abhandlung verfasse. Allerdings werde ich durch vielerlei gestört, denn viele komische Gestalten treiben sich hier rum. Alle tragen sie ein T-Shirt mit der Aufschrift "1992 Midsummer Madness - 3-Peak- Challenge". Diese Idioten wollen alle 3 Gipfel in 2 Tagen besteigen und tigern um 18 Uhr los auf den Ersten. Endlich komme ich dazu, weiterzuschreiben. Jenen Tag beschließen wir abends um 19 Uhr hier mit einem Picknick, bevor wir in unser B&B nach Corpach zurückkehren. Bei diesem Essen sehen wir uns aber voll als Tierfütterer, denn winzige Vögel schicken erst ihre Damen vor, um zu prüfen, ob die Luft rein ist, bevor sie uns selbst nahezu den Käse vom Brot picken [die "midges" sollte man auch nicht vergessen: diese bestialischen Blutsauger von 2 mm Größe haben sich direkt an uns gelabt - Red.]. Abends schaffen wir glatt noch die ersten Kniffelspiele, bevor wir todmüde ins Bett fallen.

Samstag, 20.6.92

Heute tigern die beiden anderen los zu ihrer ersten größeren Wanderung [es blieb auch die einzige - Red.], während ich das Geschäftliche erledigen werde. Wieder an Glen Nevis, allerdings ziemlich weit unten, werfe ich sie raus und wir vereinbaren als vagen Treffpunkt 15 Uhr bei der Destillerie. Falls wir uns verpassen sollten, wollten die beiden noch die restlichen 3-5 km [nana, vielleicht 2-3 - Red.] nach Hause ins B&B laufen. Inzwischen sah ich mich mit dem Auto in der Nähe der Destillerie um, damit ich von einem geeigneten Parkplatz aus alles überblicken könnte. Anschließend machte ich mich auf den Weg nach Fort Willam. Dort rief ich als erstes meine Eltern an, allerdings nur mit Hilfe eines äußerst netten Operators, der mir die richtige Landesvorwahl mitteilte. Anschließend machte ich einen richtigen Schaufensterbummel, wobei ich auch die ersten Mitbringsel für zuhause bereits entdeckt habe. Am oberen Ende der Straße angekommen, fand sich auch ein Supermarkt, wo ich dann außer meinen Sandwiches für Mittag auch noch diverse Sachen für die weiteren Tage einkaufte. Mit zwei durch Getränke schwer gewordenen Tüten stand ich jetzt am falschen Ende der Straße und konnte den kompletten Weg wieder zurücklaufen. Das reichte. Ich setzte mich ins Auto und fuhr einfach raus in die Gegend und an einem besonders schönen Flecken hielt ich Mittagspause. Ich kurvte noch einige Zeit umher, hielt hie und da an für ein nettes Foto und gegen 14.45 Uhr stellte ich mich auf den Parkplatz der Destillerie. Ach ja, ich war nochmals bei den 7-8 Schleusen des Caledonia-Kanals und da lotsten sie gerade ein Motorboot durch. Zwischen 14.45 bis circa 15.30 schrieb ich den ersten Schwung Postkarten, bis die Anderen dann auch schon erschienen. Unser erstes, nicht exakt verabredetes Treffen hatte funktioniert [wir hatten einen Rundweg um den Ben Nevis gemacht, auf den unheimliche Mengen von Touristen hinaufschnauften, unter anderem zwei (nichtschnaufende) Rollstuhlfahrer, die mitsamt Rollstuhl getragen wurden, und ein wahnsinniger Jogger, der uns im ersten Drittel bergauf überholte und im letzten Drittel schon wieder die grasrutschige Flanke des Ben Nevis hinunterhüpfte; oben wurde es dann gar grauslig kalt und neblig; der Abstieg war lang und mühselig, hinter in ein Tal und wieder vor, und als wir auf einem Golfplatz herauskamen, dachten wir, die Destille erreichen wir nie - Red.]. Die Destillerie mußten wir ja auch noch begutachten, bevor wir zum B&B zurückfuhren, Die letzte Führung hatten wir zwar verpaßt, aber ein toller Videofilm und anschließend die obligatorische Whisky-Probe durften wir trotzdem mitmachen. Mit entspannten Muskeln ging das Kniffeln gleich viel besser, und die vielen Cookies ersetzten uns das Abendessen sowieso. Nach einigen mißglückten Kniffeln wollte C. Watten spielen. Dazu mußten wir ihr aber erst die bayerischen Watt-Regeln erläutern. Sie kannte keine Punktezählerei und auch nicht die Fachausdrücke für diverse Spielfiguren [pah, "diverse", bloß weil bei denen der Farbschlag "Haube" heißt, was sich, für die Nicht-Holledauer unter unseren Lesern, wie "Hauwe" spricht - Red.].

Sonntag, 21.6.92

Überall scheint es, heute wäre Totensonntag. Man sieht nur Leute in die Kirchen rennen, alles andere ist geschlossen. Wenigstens eine Tankstelle haben wir noch gefunden. Ganz gemütlich sind wir zum Fährhafen für die Insel Skye gestartet, wo wir auch ohne größere Schwierigkeiten oder Wartezeiten übergesetzt wurden. So, jetzt sind wir auf Skye. Nach einigem Hin & Her entschieden wir uns, nach Portree zu fahren [haben wir diskutiert? Mir war das von Anfang an klar, außer Portree gibt's da doch keine andere Stadt! - Red.]. Dort werden wir auf der privaten Suche nach einem B&B weitergereicht, denn der erste Vermieter wollte sein Doppelzimmer nicht an ein Single vermieten. So landeten wir bei einer netten alten Dame, die uns ihre 2! 3-Bett-Zimmer zur Verfügung stellte. Durch sie erfuhren wir auch, daß freie Zimmer um diese Jahreszeit Mangelware sind. Nach einem Rundlauf durch die nahezu menschenleere Stadt und als Zuckerle eine baked potato(e) [Rechtschreibung nach US-Vize Quayle - Red.] kehrten wir auf unsere Zimmer zurück. Eigentlich wollte ich nur eine kurze Erholungsphase einlegen, aber schon bald schlief ich ein. Mittlerweile besuchten J. und C. eine Hausbesitzerin, die nicht weit entfernt wohnte und eine Wohnung für Selbstversorger zu vermieten hatte. Beide erzählten mir nachher die Geschichte, daß sie furchtbar enttäuscht war, daß ihre Wohnung bereits belegt war. Aber sie fing sofort an, herumzutelefonieren, und ehe unsere Beiden sich versahen, hatten wir ein Reihenhäuschen [eher Doppelhaushälfte - Red.] in Edinbane, wo auch immer das sein mochte. Außerdem wußten wir nicht einmal, was wir zu bezahlen hatten. Aber wie wir später noch bemerken sollten, ist es gar nicht so einfach, hier auf Skye etwas zu bekommen. Nachdem wir nun für den Rest der Woche, exakt bis Samstag, eine Bleibe hatten, leisteten wir uns unser erstes Restaurant-Essen. Und wir feierten unser Self-catering-house mit Cidre und Guiness. So konnten wir den nächsten Tagen kniffelnderweise entegegentreten.

Montag, 22.6.92

Morgens, wie üblich gegen 10 Uhr, verabschiedeten wir uns von der Lady, bei der wir übernachteten und machen uns auf den Weg nach Edinbane, um unser Häuschen zu beziehen. Vorher versorgten wir uns mit dem nötigen Money durch den männlichen Anhang, während die weibliche Mannschaft [also, Karin! - Red.] im Supermarkt Köstlichkeiten einkaufte. Die typische übliche Rollenverteilung, wie gewöhnlich. Wir fanden dann auch bald die Straße und ca. 20 Minuten später auch das Kaff und den Shop. Im Haus hinter dem Shop sollten wir die Schlüssel für unser Haus erhalten. Wir trafen auf ein unwahrscheinlich nettes älteres Paar, das uns die Schlüssel aushändigte. Es stellte sich heraus, daß es sich um die Eltern unseres Vermieters handelte. Wir wurden dort sofort zum Tee in ihr Haus eingeladen und hielten Plauderstündchen mit der Lady, denn deren Mann war seit einem Schlaganfall vor 4 Monaten sprachbehindert und hatte Probleme, damit fertigzuwerden. Anschließend suchten wir unser Haus und bezogen es. An alles hatten wir gedacht, nur Toilettenpapier war im ganzen Haus keines zu finden. Wir richteten uns häuslich ein und starteten dann gegen 13 Uhr zu unserem ersten Tagesausflug in den Nordteil der Insel. Wir besichtigten ein Volksmuseum [mit alten oder im alten Stil aufgebauten Hütten mit Inventar, so z.B. der Flymo-Rasenmäher in der Schmiede... - Red.], begaben uns auf historischen Boden auf einem Friedhof [vor 40 Jahren NEU angelegtes Grabmal der berühmten Flora MacDonald - Red.], [wichen auf einer einspurigen Straße ächzend rückwärtsfahrend einem Bus aus - Red.] und meine beiden Marschierer machten Wanderungen zu einem Wasserfall [Lealt, einfach zu entdecken, wenn man eine Karte hat - Red.] und zu einer vorstehenden Felsnase [Old Man of Storr, mit Hintergrundnebel und schönem Sumpfpfad - Red.]. Noch mit Trinkwasser und Toilettenpapier versorgt kamen wir wieder zurück in unser "Zuhause" und begannen zu kochen. Die beiden anderen schmissen, besser gesagt falteten sich in die ach so kurze Badewanne und übergossen sich à la Kneipp mit Schwallen von Wasser [wann lernen die Briten das endlich mit den Mischerhähnen? Red., damals mit Brandblasen an den Füßen], während ich in der Küche an unseren Spaghetti Bolognese herumpfuschte. Trotzdem gelang uns auch aus Dosenfutter ein anständiges Essen und wir waren zum Platzen voll. Nachdem wir brav abgespült hatten, warteten wir auf unseren Vermieter, denn der wollte am Abend vorbeischauen. Gegen 22.30! erschien er endlich, nachdem wir vorher schon seinen Wagen vor seinem Warenlager in der Nähe unseres Hauses hatten stehen sehen. Nachdem wir unsere normalen [? - unleserlich - Red.] Fragen bezüglich Strom und Wasser geklärt hatten, kam die wohl entscheidende Frage: was uns die Gaudi denn wohl kosten sollte? Aber als wir die 120 Pfund hörten (= DM 24.-/Nase/Nacht), waren wir mehr als zufrieden. Friedlich schlummerten wir dem nächsten Morgen entgegen, nicht ohne vorher unsere Freude bei einem Kniffelturnier kundzutun.

Dienstag, 23.6.92

Gemütlich erst gegen 8.15 Uhr erhoben wir uns und bereiteten unser erstes Frühstück selbst zu [natürlich stilgerecht mit Bacon and Eggs, weniger stilvoll waren die Rauchschwaden in der Küche, aber was will man von einer Glaspfanne auf einer Spiralheizplatte erwarten? - Red.]. Nach äußerst kurzem Abspüldienst fuhren wir in die Mitte der Insel nach Sligachan, wo ich zu meiner Freude die beiden mitten in der Wildnis aussetzte. So etwas bereitet mir immer wieder Vergnügen. Ich kurvte dann nach Carbost zur Talisker-Destillerie, wo ich nach dem Termin für die letzte Führung fragte, denn nach dem Wandern wollten wir der Destillerie noch einen Besuch abstatten. Sollte aber aus Nässegründen nichts werden, haha [hi, hi - Red.]! Auf der Suche nach einem Shop kurvte ich noch ein wenig umher, bevor ich mich auf den Weg nach Glen Brittle machte, zu unserem Treffpunkt. Dieser lautete: ein Parkplatz linkerhand im Wald. Ich fand einen Picknickplatz ohne P-Schild und stellte unsere Karre hier ab. Eigentlich wollte ich auch ein wenig herumstreifen, aber da begann es erst zu nieseln und dann zu regnen, so daß ich lieber im warmen, trockenen Auto auf meine patschnassen Säcke wartete. Außerdem gesellte sich ein weiteres Auto wartenderweise dazu. Nahezu pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt kamen sie angetrottet. Naß, aber bei bester Laune. Die Destillerie aber schenkten wir uns, da wir nach einem lustlos dargebotenen Männerstrip eh kaum dort hinein gedurft hätten. Unsere Helden hatten nämlich Ersatzklamotten vergessen. Mittlerweile fällt mir auch wieder ein, daß die Badezeremonie heute war und nicht gestern, aber ich schreibe diese Abhandlung am Donnerstag 8 Uhr morgends im Bett und die Rekapitulierung fällt noch schwer. Also die zusammengefalteten Frösche und die Kneippschauer waren heute. Inzwischen hatte ich auch den Küchenplan ausgetüftelt: Tomatensuppe aus der Packung und Toast, Nachtisch Bananen- und Schokopudding, dazu Cidre und Guiness. Kann sich doch sehen und hören lassen, oder? Außerdem war es auch lecker, jawohl! Nach einem kurzen Blick auf die Nachrichten und einem laaaangen Blick auf die Wetterkarte holen wir uns beim Kniffeln unsere Keksration ab, bevor wir dann die männlichen Expeditionsteilnehmer ins Bett packen, damit wir eine durch und durch weibliche Diskussion führen konnten. Gegen Mitternacht kamen wir dann erst ins Bett.

Mittwoch, 24.6.92

Gegen 7.45 Uhr morgens hörte man die ersten Laute in unserer Hütte (my home is my castle). Durch ausgiebiges Rumtrödeln kamen wir erst gegen 11 Uhr weiter. Der Grund lag in der intensiven Wolkenabladung vor unseren Fenstern und der daraus resultierenden Entscheidung, wie und wo möglichst trocken den Tag verbringen: unser heutiger Tag dient der Bildung und Wissensmehrung. Also starten wir los in Richtung Dunvegan Castle. Dort sind wir auf einmal gar nicht mehr allein, denn viele andere faßten wohl auch diesen Vorsatz. Das Castle war auch wirklich ganz nett und die Gärten wären bei Sonnenschein und blauem Himmel sicher eine Wucht gewesen. Immerhin konnten wir die Wetterfestigkeit unserer Klamotten testen [WIR - TESTEN?? Red.]. Mir kam es so vor, als wären wir als Modelle bei einer Modenschau für Regenbekleidung tätig. Pünktlich als wir mit dem Castle fertig und den Souvenirshop entrümpelt hatten, ließ die Nässe nach und als wir dann im Auto saßen, wurde es außen auch trocken. Unser nächstes kulturell höchst anziehendes Ziel war Carbost [nach einem erfolglosen Besuch bei dem "Skye Silver"-Neppshop, der ganz am Ende einer vielbefahrenen einspurigen Straße liegt - Red.]. An sich ein höchst unscheinbares Dorf (gute Toiletten!), wenn da nicht Skye's einzige Destillerie beheimatet wäre. Pech für Joachim nur, daß der Probe-Whisky schon vor (!) der Führung ausgeschenkt wird. Nachdem dem Fahrer keiner gegönnt wurde (pfui teufel!) und Cordula ihn nicht mag, mußte J. 3 [kleine - Red.] Glas in nicht ganz 5 Minuten kippen. Fragen konnte man ihn nachher zur Whiskyherstellung nichts mehr. Nach großzügigem Einkauf dort ging's weiter zu unserem eigentlichen Ziel. Kurz hinter Portree [Richtung Sligachan - Red.] warf ich die beiden mit Regenzeug und Wanderstiefeln bewaffnet aus dem Wagen. Treffpunkt war 2 Stunden später die Telefonzelle in einem winzigen Ort (wirklich nur 5 Häuser!) namens Glenmore an einer wirklich genauso winzigen Straße. Mir oblag zwischenzeitlich das Amt des Einkäufers, Tourist-Info-Besuchers, Tankers und Taxifahrers nach Glenmore. Ich fand inmitten einer Häuseransammlung eine schöne rote Telefonzelle, wußte aber nicht, ob ich richtig war. Also fragte ich einen Mann, der aus einem Grundstück kam, innerhalb (!) dessen Zaun die Telefonzelle stand, und er behauptete, dies wäre Glenmore. Also wartete ich hier bis gegen 20.30 Uhr, ab 19.30 Uhr allerdings mit einer gewissen Unruhe, da zum vereinbarten Zeitpunkt 19 Uhr kein nasser Sack [hehe! - Red.] aufgetaucht war, noch dazu, wo es gerade wieder so richtig zu regnen begonnen hatte. Um 20.25 entwarf ich einen Zettel mit der Mitteilung "Ich suche die Straße ab, komme aber auf jeden Fall wieder hierher zurück" und pickte ihn auf den Stacheldraht neben der Telefonzelle. Ich entschloß mich, die Straße bis zu Ende zu fahren und dann dorthin, wo ich sie abgesetzt hatte. Falls ich sie bis dahin nicht gefunden hätte, wollte ich zur Telefonzelle zurückfahren, ob sie bis dahin schon dort wären. Und dann? Krankenhaus, Polizei, Bergrettung? War aber alles nicht nötig, denn unser Pfaffenhofener Hirn denkt identisch. Als ich vom Ende der Straße zurückkam und dorthin fahren wollte, wo ich sie rausgeworfen hatte, kam mir ein rotes Auto entgegen und daraus entstiegen - Cordula und Joachim. Wie vermutet hatten sie keinen geeigneten Weg gefunden und waren umgekehrt. Dort warteten sie bis 20 Uhr, da ich gaudihalber gesagt hatte, falls sie ich versetzen würde, würde ich um 20 Uhr zum Ausgangspunkt zurückfahren. Danach trampten sie etappenweise (je nach Auftauchen eines Autos) nach Glenmore zur Telefonzelle und fanden mich - nicht. Nicht einmal meinen Zettel sahen sie! Aber die netten Leute vom Haus an der Telefonzelle sagten ihnen, daß da ein Narr 1 1/2 Stunden gewartet hätte, dann aber wieder gefahren wäre. Und so fanden wir uns dann auch wieder [nicht ganz so: wir waren auf der Suche nach einem Weg über die Hügelkette versumpft; zuerst war der Weg nicht mehr so, wie in der Karte eingezeichnet (neue Forststraße) und wir verschwendeten eine 3/4 Stunde auf "Einstieg finden", dann verlor er sich oben an der Bergkante (schöner Wasserfall!). Wir beschlossen, umzukehren und Karin gleich rückwärts entgegenzugehen. Bergab tat J. auf einmal ganz übel das Knie weh und es ging nur noch langsam. Nach einigen Abenteuern trampender- und hinkenderweise sind wir, am Ende der Hoffnung und mit dem sicheren Gedanken, die Nacht "irgendwo" verbringen zu müssen, dann der Karin doch noch begegnet - weit hinter der Telefonzelle, da sich der Hausbesitzer daran erinnerte, daß Karin noch bis zum Ende der Straße fahren wollte - Red.]. Nachdem wir gegen 21.30 Uhr dann endlich in Edinbane angekommen waren, hatte keiner mehr Lust auf die Kocherei der eigentlich gedachten Nudeln in Schinken-Sahne-Soße mit Erbsen und Champignons und so kam meine zufällig gekaufte Gemüsesuppe zu ihren 3 Michelin-Sternen. Sauwohl und hundemüde fielen wir nach einem Apple-Pie Nachtisch gegen 23 Uhr ins Bett.

Donnerstag, 25.6.92

Heute erhoben wir uns erst gegen 9.45 Uhr, nachdem große Wanderungen wegen Joachims schwindender Manneskraft, und sei es nur im linken Knie, ausfallen. Allerdings ist draußen passables Wetter, d.h. es schifft nicht und man kann mehr als 5 Meter weit sehen. Deshalb beschließen wir eine Autorundfahrt durch bisher noch nicht entdeckte Gebiete [Waternish und Dunvegan Peninsula (dort nochmal in die Gardens eingeschlichen und selbige bei Sonne fotografiert) - Red.], sprich alle Fjorde bis zum Ende, wo entweder ein Rundweg kommt oder ein riesiger Parkplatz, wo man umdrehen kann. So kommen wir auf dem Weg auch zu einem Parkplatz, von wo aus wir ca. 2 km am Meer entlangklettern (aber nur zeitweise), der einfachere Weg ging nämlich ca. 20m weiter landeinwärts [dafür war's der landschaftlich schönere - Red.]. Dann kommen wir zu einer wunderschönen Bucht aus natürlichen Korallen, in ganz kleinen Stücken, ähnlich wie grober weißer Sand. Dort pausieren wir herrlich eine Stunde, lassen uns bei strahlendem Sonneschein den Wind durch die Haare pfeifen und posieren sogar für das Strandfoto mit nackten Beinen im eiskalten Wasser. Golfstrom, pah! Schweren Herzens machen wir uns wieder auf den Rückweg, aber die Aussicht auf Nudeln treibt sogar Joachim, den Einbeinigen, den Hügel hinauf und wieder hinab. Pünktlich gegen 18 Uhr kehren wir zurück nach Edinbane, kaufen im Shop noch Eier für den nächsten Tag und starten nach Hause. Zusammen brutzeln wir aus Nudeln, Champignons, Zwiebeln Erbsen, Schinken, Frischkäse und einer Packung Käsesauce ein gar köstliches Mahl und genießen es gegen 18:40, denn um 19 Uhr wollen wir das Fußball-Endspiel sehen. Daß Deutschland im Finale ist, wissen wir durch die Lumpensammler, die C. und J. am Vortag aufgabelten. Aber irgendwas war falsch, denn gegen 20 Uhr hörten wir, daß das Fußball erst am nächsten Tag kommt. Also gingen wir Wäsche waschen und beendeten mit einer neuen Version Kniffel den Abend.

Freitag, 26.6.92

Wieder kommen wir erst gegen halb neun aus den Federn, aber das liegt am Wetter. Es ist wie üblich grau in grau, regnet aber (noch) nicht. Wir suchen auf den Wanderkarten zwei kürzere Wege (je ca. 2 h) und düsen los Richtung Portree. Dort splitten wir uns auf, denn J. und C. haben das Postamt übernommen (Briefmarken) und wollen außerdem ins Tourist Info zum Posterkaufen. Ich gehe inzwischen einige restliche Sachen einkaufen und dann auf die Bank, wo ich für meine umzutauschenden 150 Pfund auch soviel erhalte. Diesmal also ohne Gebührenabzug. Als ich die Treppen zum Parkplatz hinunterschlendern will, muß ich mich laut Cordula plötzlich beeilen. Ein Polizist beginnt nämlich, die falsch geparkten Autos aufzuschreiben, und da wir auf dem Lastwagenparkplatz stehen, ist Beeilung angesagt. Ca. gegen 12:15 werfe ich die beiden raus [vor Broadford - Red.] und wir wollen uns wieder gegen halb drei treffen [hinter Torrin - Red.]. Ich fahre an den neuen Standort, rum um einen Berg, wie üblich, und suche den Weg, der rauskommen soll aus der Pampas. Außer Kuhweide ist da aber nichts [stimmt genau, Kühe + Schafe + ihre durchweichten Hinterlassenschafen - Red.]. Also stelle ich mich so, daß wenigstens die beiden mich sehen müßten. Inzwischen versuche ich, ordentliche Sandwiches zu schmieren, was über dem Lenkrad und mit nur zwei Händen [???! - Red.] gar nicht so einfach ist. Mittlerweile begint es wie üblich - zu regnen. Das bedeutet, daß wir heute nur eine Wanderung hinter uns bringen werden. Gegen 14:45 sind sie immer noch nicht hier und ich will losfahren und sehen, ob sie nicht ein Stück ober- oder unterhalb herausgekommen wären. Gerade im letzten Moment, beim Zurückschauen, ob keiner kommt, sehe ich die beiden mehr naß als trocken herantraben [Traben! - mit den Armen habe ich gekreist wie eine Windmühle, damit sie uns sieht - Red.]. Die Fotos vom Trockenlegen möchte ich gerne sehen! Wie geahnt, haben beide die Schnauze voll vom Wandern [eher die Stiefel - Red.] und wir kehren nach einer kurzen Pause zwecks Sandwich-Verschlingen (O-Ton J.: "Iatz hoit ma, i ko de drei Trümma nimma länga hoitn") und Schafe fotografieren nach Edinbane zurück. Heute gibt's zu Abend den Rest Nudeln mit Schinken und Käse und Kartoffeln aus der Mikrowelle mit Käse und Frischkäse. Das aber war bis 7 Uhr fertig, denn um Viertel nach begann das grauenvolle Fußball-Match [im Anblick langsam trocknender Bergstiefel vor dem Elektrokamin - Red.]. In der Halbzeit gingen wir schnell Geschirr waschen und zogen uns anschließend Schokoladekuchen und Joghurt rein, um das Schlamassel zu bekämpfen. Erst eine letzte Kniffelrunde entkrampfte die Situation und nach ersten Aufräumungsarbeiten an Heim und Gepäck begruben wir die Niederlage ["unserer" Elf - Red.] im Reich der Träume.

Samstag, 27.6.92

Heute beginnen wir schon gegen 7 Uhr früh zu rumoren, denn wir wollen ja kurz vor 10 Uhr bei unserem Vermieter Roddy McFarlane erscheinen. Nach dem Frühstück bricht gegen 8 Uhr die Hektik aus und kurz nach neun verlassen wir das ordentlich zurückgelassene Haus. Nach kurzem Small-Talk über das Wetter sehen wir Edinbane ein letztes Mal, bevor wir Richtung Südinsel starten. In Broadford kaufen wir noch fürcherliche Fleisch-Pies und bessere süße Pies und dann geht's ab Richtung Elgol den gleichen Weg wie gestern. Allerdings ist er heute kaum wiederzuerkennen, denn wir haben strahlenden Sonneschein. Tja, wenn Englein reisen [Nein: wenn Engels autofahren, denn wenn sie laufen, regnet es! Red]! Das letzte Stück Richtung Elgol bietet zwar fantastische Ausblicke, aber die Straße wird grob. Eng, schmal, kurvenreich und voller steiler Steigungen und Gefälle. Aber unser Wunderauto schafft alles. Am Pier in Elgol angekommen, quetschen wir uns in eine Parklücke und wollen mal sehen, ob wir mit einem Boot an das Loch Coruisk kommen können. Aber eh wir uns versehen, sitzen wir mit einigen anderen Unwissenden in einer Nußschale und tuckern, geleitet von einem Greis namens Angus MacLean, Boatman, Richtung offene See. Nach einer guten halben Stunde fährt er in eine kleine Bucht ein und stoppt dort für eine Weile den Motor, denn dort sonnen sich auf einem Felsplateau Robben und ihre Babies. Anschließend legt er an einem anderen Ende der Bucht an und entläßt uns für eine halbe Stunde, in der wir zur Südspitze des Loch C. wandern [endlich hab' ich's gesehen! - Red.]. Die Rückfahrt zum Pier verläuft dann etwas anders als geplant: hierbei müssen wir nämlich gegen die Wellen tuckern und obwohl unser Kapitän alles versucht, kriegen manche von uns immer wieder einen Spritzer Wasser ab. Dazu gehöre leider auch ich. C. und J. lachen sich eins [heimtückisch, wie wir sind, haben wir die Situation nämlich vorhergesehen und uns an einen trockenen Platz im Bug gesetzt - Red.] und warten schon mit gezückter Kamera, aber es dauert ihnen doch zu lange. Jedoch als wir schon förmlich unseren Autos entgegenfiebern, wird die See nochmal rauh und ich kriege eine Welle voll in die Hosen. Nasser Hintern und Klamotten bei Sonnenschein, das kann wirklich nur mir passieren, und dazu das mehr als schadenfrohe Grinsen der beiden anderen! Der Gedanke an das Foto beim Umziehen am Auto bereitete ihnen sichtliches Vergnügen. Wenigstens die übrigen Bootsinsassen sagten, wenn überhaupt, nur mitleidige Worte. Nur von meiner eigenen Crew mußte ich nur Spott hören. Trockengelegt hielten wir Pause mit den Pasteten, die gar grauenvoll schmeckten [die Möven mochten die Hälfte von meiner ganz gerne Red.]. Anschließend fuhren wir mit noch einer Pause woanders (O-Ton J.: "A nice view, please") [= am Blaven - Red.], wo wir den süßen Nachtisch vertilgten, zurück nach Broadford und weiter Richtung Armadale. Dort, in einem kleinen Kaff namens Teangue fanden wir beim zweiten Versuch auch gleich ein B&B bei einem netten älteren Ehepaar mit einem riesigen Garten. Hier luden wir das Gepäck ab und fuhren weiter zum Armadale Castle. Dort befand sich auch das Clan Donald Centre, dem wir einen Besuch abstatteten. Dieser hochtrabende Clan ist allerdings so weitverzeigt, daß es nur ein Ableger war, der eigentlich hier nie wohnte, da ihm sein Schloß aus Altersgründen zerfiel, bevor er einziehen konte. Anschließend gönnten wir uns ein Samstag-Abend-Dinner, bestehend aus Sandwiches und Hühnchen mit Pommes. Dieses genießen sollten wir allerdings erst später. Wieder mal auf der Suche nach einem "nice view" fuhren wir eine winzlige Straße hinauf. Plötzlich sah ich einen prima Picknickplatz, wäre aber fast daran vorbeigefahren. Also setzte ich zurück und schon war das Malheur passiert: mit dem rechten Hinterrad war ich in den Graben gefahren. Selbst das Schieben der beiden war völlig nutzlos. Gerade als wir überlegen wollten, was nun zu tun wäre, kam ein Auto auf menschenleerer Straße entgegen und dessen Fahrer als dritter Schieber half uns raus ["Highland Power" - Red.]. Während der nächsten 45 Minuten, als wir unser Dinner genossen, kam noch genau ein Auto vorbei. Soviel zum Thema fließender Verkehr. Wir fuhren um die weiteren Halbinseln teils auf gestrichelten Straßen ohne Farbe weiter, d.h. ich hatte heute Steigungen bis zu 25% und eklige kleine Kurven mit Richtungswechseln in den Kuppen hinter mich zu bringen. Solche Straßen würde man in Deutschland nicht bauen bzw. nicht für den öffentlichen Verkehr zulassen. Völlig geschafft kamen wir gegen 20:30 Uhr bei unserem B&B an. Nach kurzer Dusch- und längerer Kniffelaktion vergraben wir uns gegen halb elf in unsere Betten.

Sonntag, 28.6.92

Heute beginnt wieder so ein Totensonntag. Um 8 Uhr früh ist das Frühstück angesetzt. d.h. um 9 Uhr sind wir schon wieder unterwegs. Wir kommen zur Fährstation nach Kyleakin und können auch sofort auf die Fähre und eh wir uns versehen, sind wir schon wieder auf dem Festland der britischen Insel. Weiter geht's Richtung Norden, bis wir in der Nähe vom Loch Maree zum ersten Mal halten, etliche Fotostops ausgenommen. Nach einer kurzen Visite im Besucherzentrum suchen die beiden anderen die Reste des kaledonischen Waldes [nicht ohne vorher mit einem ausgemergelten Rennradfahrer gequatscht zu haben, der vom Fahren total high war - Red.], während ich diesen Wahnsinn verfasse. Jetzt bin ich soweit fertig und mache mich an die restlichen 5 Postkarten. Ich war gerade mittendrin, die zweite Karte zu schreiben, als auf einmal J. vor mir steht. Hinter ihm steht C. mit einem gigantischen Stein! Den bringe ich Onkelchen mit; außer, ich finde noch einen schöneren. Wir düsen dann weiter nach Gairloch und suchen uns ein B&B. Beim zweiten Versuch finden wir auch eines [die Straße hinter bei der Polizeistation, wo die Geranien in Reih und Glied Stillstehen üben - Red.] und wollen uns dort auch zwei Tage einnisten, denn die Annehmlichkeiten hier sind echt gut. Schon laden wir unsere Sachen ab und fahren weiter zu den Inverewe Gardens. Hier hat irgendein reicher Schotte beweisen müssen, daß in schottischer Erde auf der Höhe von Alaska bzw. Moskau tropische Pflanzen wachsen. Gigantisch angelegt, wuchert mittlerweile vieles durcheinander, aber es wächst! Gegen fünf Uhr verlassen wir die Gardens wieder und picknicken bei Regentropfen die Reste unserer Selbstversorgerzeit: schimmlig riechendes Brot, Frischkäse und Marmelade. Dazu Apfel/Orange und einige Kekse. Fürstliches Mahl für Sontagabend [mückenhaltig war's auch - Red.]. Gegen halb sechs erreichen wir wieder unser B&B und dösen in den Abend hinein mit Postkartenschreiben und Ausgaben zusammenrechnen.

Montag, 29.6.92

Pünktlich um 8:30 Uhr erwartete uns der vollgedeckte Frühstückstisch. C. wollte unbedingt das hier verfügbare Schüsselchen Porridge, würzte aber ordentlich mit Zucker und Milch nach [heiße, nasse, salzige Haferflocken sind eben nicht jedermanns Geschmack Red.]. Probieren wollten J. und ich das Zeug sowieso nicht. Wir sind ja noch nicht krank im Magen (J. wenigstens da noch nicht; aber der kann sich eh nicht entscheiden: gestern war's die linke Schulter und das linke Knie, das ihm schmerzte, heute tut ihm kein Knie mehr weh, dafür die rechte Schulter; unseren alten Mann plagt das feuchte Klima mit Gicht und Rheumatismus). Aber zurück zum Thema: während wir uns das größte Frühstück bisher reinstopften, macht unsere Hausfrau unsere Betten. Mit mißtrauischen Blick auf das Wetter, da sich der Himmel bereits wieder überzieht, verabschieden wir uns von unserer B&B-Mutter, die auf die Wetterfrage antwortet "it'll be a fine day, I suppose". Davon reden wir später. Ich will die beiden gerade zum Anfangspunkt ihrer heutigen Wanderung bringen, als wir auf eine weitere Neuheit Schottlands stoßen: eine fahrbare Zanharztpraxis rollt an uns vorbei. Nach einer fahrenden Bank und einer Wanderbücherei wirklich mal was Neues. Mitten in der Baustelle [Slattadale] fanden wir dann so etwas wie einen Weg und so entließ ich die beiden und überließ sie ihrem Schicksal. Nach einer ausgedehnten ShoppingTour kam ich gegen 12:45 beim vereinbarten Treffpunkt an [Tollie]. Ich konnte gerade noch zwei Bilder von der wolkenverhangenen Nebellandschaft machen, bevor sie schon von weitem als bunte Flecken in einer grünbraunen Landschaft leuchteten. Ach, übrigens hatte es vor ca. einer Stunde wieder wie üblich zu regnen begonnen. Sie haben schon wieder ein Steinchen mitgebracht, allerdings ein winzliges. Aber für den nächsten Walk im Regen habe ich schon ein Quarzsteinchen geordert. Mal schauen, was sie liefern. Obwohl sie behaupteten, überhaupt nicht naß zu sein, wollten sie ins B&B zum Umziehen zurück. Wir fuhren nur noch kurz zur Bank, die hatten aber gesegnete Mittagsruhe. So hielten wir mein prima eingekauftes Mittagessen auf den Betten ab. Schinkensandwich und anschließend Banane. So gestärkt zogen wir mit Regenjacke und Winterpullover los, um den Beach zu erkunden. Vorher stoppten wir nur kurz bei der Bank, nur damit sich C. von ihren wohlverdienten 600 DM 5 Pfund für den Umtausch abnehmen läßt [hat aber die Umrechnerei vereinfacht: es waren dann genau 200 Pfund - Red.]. Für die üblichen Strandfotos [Dünen, Karin im glitzernden Wasser - Red.] posieren wir im Schnelldurchlauf, denn das Wasser ist pissekalt [?-Red.]. Am Parkplatz vor dem herrlichen, wenn auch kalten Strand überlegen wir weitere Aktivitäten, beschließen dann einen Besuch im Heimatmuseum (falls es nicht zuviel Eintritt kostet) und lassen uns bilden [nett war es, mit Leuchtturmkuppel aussen und Schulbänken mit Grafitti innen - Red.]. Anschließend genehmigen wir uns zum Dinner originale Fish&Chips, allerdings viel zu ölig und geschmacklich verbesserungswürdig [ich dachte, das wäre das Originale daran? - Red.]. Der halbe Parkplatz im Stadtkern ißt oder holt wenigstens Fish&Chips [das gute Restaurant hatte nämlich gerade Pause - Red.]. Wir essen auch im Auto, denn wir wollen diesen Geruch keinesfalls im Zimmer haben. Also geht's erst nach Beendigung der Freßorgie und nach vollendeter provisorischer Säuberung [die kluge Frau legt ihre Papierserviette in greifbare Nähe - Red.] zurück in unser Quartier und nach einer Dusche machen wir es uns im Wohnzimmer unserer Vermieter bequem, denn wir wollen im Fernsehen den Wetterbericht verfolgen. Die beiden wollten eigentlich wenigstens einmal bei Sonnenschein wandern (wenn sie bis dahin überhaupt noch aus dem Auto aussteigen können). Plötzlich kommt unsere Hausfrau ausgehfertig angezogen herein, verkündet, daß sie nur kurz fort müsse und wir solange allein (!) im Haus (!!!) wären. Und falls noch jemand für B&B käme, sollten wir ihm doch das übrige Zimmer zeigen. Gäste als Vermieter, das glaubt uns keiner!! Wir verbrachten dann den weiteren Abend würfelnd und ratschend und teetrinkend (wie die Schotten), wie immer.

Dienstag, 30.6.92

Heute brechen wir gegen 9 Uhr von Mrs. MacIver auf und fahren der Sonne entgegen nach Norden - denken wir. Eigentlich wollten meine beiden Walker einen kleinen Abstecher in [an!! - Red.] irgendein Loch machen und planten für mich einen Strandaufenthalt an einem gegenüberliegenden Beach. Kurze Zeit vorher hielten wir aber an einem kleinen Aussichtspunkt und dort blies uns der Wind fast um. Außerdem sahen die tieffliegenden Wolken ganz bedrohlich feucht aus. Also Fußmarsch gestrichen! Weiter düsten wir durch herrliche Gegenden immer nach Norden, die Sonne suchend (laut Wetterbericht vom Vorabend). Doch wir fanden immer nur Wolkenbänke. An einer tiefen Schlucht mit Wasserfall und Hängebrücke scharten wir uns unter die Touristen. Aber bald verließen wir diese Attraktion wieder und je nördlicher wir kamen, desto menschenleerer wurde die Gegend [hinter Ullapool, was wie ein nettes englisches Seebad aussah (wenn ich sowas mögen würde) - Red.]. Jetzt fingen wir schon an, angesichts dieser Einsamkeit zu fantasieren, wie es hier tödlich wäre, radzufahren, und Cordula wollte uns sogar eine Reifenpanne andichten. Verschrobene Gestalten in verschrobenen Gegenden werden zu Monstern [meint die mich?! - Red.]. Aber nichts Gewünschtes trat ein und wir erreichten unseren nördlichsten Punkt. Da auch hier das Wetter keinen Deut besser ist als auf der bisherigen Strecke, können wir uns nicht entschließen, den Rest unserer Urlaubstage hier zu verbringen und düsen wieder Richtung Süden, um die zwei restlichen ganzen Tage in der Nähe von Fort William zu verbringen. Also geht's weiter erst durch höhere Hügel, dann durch flachere Hügel an einem riesigen Loch entlang. Diese Strecke war erstens langweilig und zweitens singletrack. Eigentlich kein Problem, aber die entgegenkommenden Laster nervten bald [das war auch ein Nervenkrieg: die sind nämlich nie in die Ausweichen gegangen, und wir wollten doch auch etwas vorankommen - Red.]. Am Ende des Lochs wollte J. einen Umweg von ca. 15 km fahren, um einen Wasserfall anzusehen, der von dem Loch kommt, aber C. will von dem scheußlichen Loch absolut nichts mehr sehen. Zu allem Übel beginnt es jetzt auch noch zu regnen, erst leise und wenig, aber in dem Grad, wie die Menschen mehr und die Landschaft langweiliger wird, nimmt der Regen zu. Mittlerweile sind wir im östlichen Teil Schottlands, nördlich von Inverness. Durch den Neubau einer Umgehungsstraße, die in unseren alten Karten natürlich noch nicht drin ist, nehmen wir eine falsche Abzweigung und müssen auf einer größeren Straße einen Umweg fahren. Trotzdem kommen wir immer dahin, wo wir wollen. J. hat in seiner unendlichen Weisheit abseits von Inverness ein Nest gesucht, wo wir uns eine Übernachtung suchen wollen, denn wir wollen absichtlich keine überfüllten B&Bs. Mit dem Finger auf der Landkarte gefiel ihm der Ort Strathpeffer wohl so gut, daß er uns, hoffentlich ohne es zu ahnen (weil sonst gibt's Dresche) in das Baden-Baden Schottlands gelotst hat. Denn in diesem Kaff gab's Schwefelquellen und volle B&Bs, die außerdem ein Schweinegeld gekostet hätten. So fuhren wir von einem zum anderen, bis wir im nächsten Ort gelandet waren. Hier schwand unsere Hoffnung auf ein gemütliches B&B vollkommen, als C. von einem Fragen zurückkam: 25 Pfund pro Zimmer hätten diese Schweinebären verlangt, unabhängig von der Zahl der Personen. Schon ganz klein geworden, gingen wir beim nächsten B&B wieder C. fragen vorschicken und wie immer haben wir unendliches Glück (Glück haben wir eigentlich immer, nur micht mit dem Wetter). Für die relativ günstigen 12Pfund p.P. kriegen wir ein Einzel- und ein Doppelzimmer wie gewünscht und bis wir unsere Sachen ausgepackt und das Auto geparkt haben, steht schon ein heißer Tee und die obligat dazugehörigen Plätzchen bereit. Was'n Service. Durch einen Heizlüfter im Wintergarten gewärmt sitzen wir da und genießen den Tee. Außerdem beäugen wir die Wetterkarte, die vielleicht auch Gutes hoffen läßt. Bevor wir uns auf die Zimmer zurückziehen (um zu dinieren) bekommen wir noch einen zweiten Heizofen, den ich aber auch J. und C. abtrete. Saugemütlich warm in deren Zimmer blicken wir in den Regen und essen Weißkrautsalat (coleslaw), Käse, Frischkäse und Marmelade in unseren Semmeln. Nach einigem Kartenspielen bricht der Sauberkeitswahn aus und während die beiden duschen gehen, werde ich ja wie üblich zum Verfassen dieses Berichts verdonnert.

Mittwoch, 1.7.92

Mit dem ersten Julitag beginnt sich das Ende unseres Urlaubs zu nähern. Nachdem wir in Contin so prima genächtigt haben, tut es der alten Lady sichtlich leid, daß sie uns rauswerfen muß, aber sie hat einen Arzttermin. So fahren wir gegen 9:15 weiter. Das Wetter hellt sogar ein wenig auf. Nein, kein Sonnenschein, bei weitem nicht, aber immerhin strukturierte Wolken, wie Cordula sagen würde. Heute haben wir noch große Taten vor und als erstes steht in Muir of Ord die örtliche Destillerie auf dem Programm. Denn diese öffnet, passend für uns, um 9:30. Außerdem müssen wir schon wegen J. die Tour nochmal machen, da er doch in Talisker wegen der drei Glas vorher nicht viel mitbekam. Aber auch uns schadete eine zweite Führung nichts, denn es war sowieso furchtbar laut und außerdem die Gruppe groß gewesen in Talisker. Aber nun zur Ord-Destillerie: wir wurden superfreundlich empfangen und erhielten eine Exklusiv-Führung durch einen jungen Guide. Das war eine tolle Sache: endlich erklärte einer, wie aus dem Produkt Korn (barsley) ein farbloses, von Alkohol strotzendes Gesöff wird und wo die Farbe herkommt (Eichenfässer aus Portugal, vormals Sherry enthaltend). Außerdem erfuhren wir, daß so eigentlich exklusive Sorten wie Glenfiddich oder Johnny Walker nur gute Mischmeister haben, denn diese sind nicht single malt, sondern blended (gemischt aus vielen Whisky-Sorten). Denn nur höchstens 20% der fertigen Whiskeymenge bleiben unverschnitten (Talisker, 6% in Ord). Wirklich recht interessant die Führung. Klar auch, daß wir ordentlich einkauften. Sogar für den süßen Gaumen kann man hier Marmelade mit Whiskyeinlage erwerben. Keine 20 km entfernt lag dann das zweite Kapitel unserer Alkoholreise. Eine Weinkelterei. Allerdings fragten wir uns schon auf der Hinfahrt, wo hier wohl die Weintrauben wachsen würden. Doch auch solche Probleme lösen die Briten, vielmehr Schotten, mit einem Klacks. Sie sparen, die Schotten, und brauchen keine Weintrauben. Hier fabrizieren sie edle Naturweine und Liköre z.B. aus Birkensaft, Schlehen, Hagebutten und Heidelbeeren. Alles durchaus trinkbar und zwar professionell, aber mit sehr viel Handarbeit hergestellt. Allerdings strapazierten derartige Touren unsere Geldbörse gar sehr und so konnten wir uns zwar den Eintritt ins Urquhart Castle (Nessies Spielzeugschloß, schon ganz vergammelt) nicht mehr leisten, wohl aber einen Besuch im Gift Shop. Mit einer neuen Nessie kehrten wir zum Auto zurück, wo inzwichen J. das Steuer übernehmen sollte. Denn wie üblich standen wir etwas abseits von den Parkplätzen in einer Bushaltestelle, allerdings nicht alleine, denn noch 3-5 weitere Autos standen mit uns in der Ausweichbucht. Unbeanstandet fuhren wir weiter nach Fort William zu unserem B&B in Corpach, in der stillen Hoffnung, Mrs. Fraser hat unsere Zimmer wieder frei. Und in der Tat, sie hat. Beglückt und auch von ihr freundlich empfangen (also haben wir uns entgegen Unkenrufen nicht aufgeführt) beziehen wir Quartier und anschließend gehen die beiden noch einen kleinen Walk zur Einstimmung ins Glen Nevis Tal, denn kurz vor Fort William fing die Sonne an zu scheinen. Ich ging inzwischen an den Wasserfall beim Mittelparkplatz, Steine suchen. Vorher gab's allerdings noch einen Snack-Sandwich, das wir eingekauft hatten, zugleich mit unserem Abendessen [die Stärkung war auch nötig, denn bei unserem "kleinen Walk" sind wir weglos versumpft und in gefährlichen Positionen am Nevis-Bach entlanggehantelt, bis wir aufgaben und gegen den Gradienten den Weg wieder suchten - Red.]. Wieder zuhause bei Mrs. Fraser werden erste Gegenstände ordentlich verpackt, bevor wir zur wichtigsten Tat des Tages schreiten: den Wetterbericht nach den Nachrichten verfolgen. Denn nur noch ein ganzer Tag bleibt meinen Wanderern, bevor der Flieger ruft. Aber die Aussichten stehen gut und nachdem ich diesen Bericht wie üblich am nächsten Tag in der Freizeit verfasse, kann ich das gute Wetter bezeugen, denn ich liege hier auf einer Wiese zwischen Schafen und lasse mir den Hintern von der Sonne anscheinen. Den gestrigen Tag beschließen wir noch mit ruhigen Kniffelrunden und einem gigantischen Nachtisch sowie Nachtisch-Nachtisch in Form von Trifle und fantastischen kleinen SchokoSahne-Törtchen.

Donnerstag, 2.7.92

Das Frühstück dauert heute etwas länger, denn gestern abend kamen in unser B&B noch zwei weitere Gäste, ein schwedisches Ehepaar nämlich. Das bedeutet, daß am Frühstückstisch ein kleiner Ratsch fällig ist. Trotzdem schaffen wir gegen 9:45 den Aufbruch, denn heute wird das Knie des alten Mannes nochmal richtig strapaziert [Glen Nevis 'rauf, dann links, vorbei am Lieblingswasserfall und dann geradeaus, soweit die Füße oder sonstige gebrechliche Teile tragen; wir fanden den größten Quarzbrocken des Urlaubs, leider intransportabel, da ca. 40 cm Durchmesser (sorry, Karin) - Red.]. Gegen 10 Uhr fahre ich vom Glen Nevis Tal aus zurück, nachdem ich die beiden rausgeworfen habe. Nun heißt's in Fort William einen Parkplatz finden, was gar nicht so leicht ist, denn heute geht's rund dort. Nahezu den letzten erwischt habend, gehe ich schnell die notwendigsten Sachen einkaufen, wie Briefmarken, Sandwich, Trifle und Schokotörtchen. Anschließend will ich ins Grüne raus angesichts des schönen Wetters. Ich beschließe, das Bonnie-Prince-Charlie-Denkmal in Glenfinnan zu besuchen. Bin davon aber restlos enttäuscht; die Bilder, die ich kenne, müssen irgendwo von einem Berg aus gemacht worden sein. Ich verdrücke mich angesichts der Touristenschar bald wieder und kehre zurück ins Glen Nevis Tal, wo ich etwas abseits vom Parkplatz meinen gestrigen Tagesbericht verfasse, während die beiden noch wandern (oder schon hinken?). Gegen 15 Uhr kommen sie auf jeden Fall dreibeinig zurück. Müde, geschafft, lila Beine vor Kälte (aber man muß in Schottland ja in Shorts wandern), aber froh über den Sonnenschein und beladen wie Mulis mit Steinen. Ab geht's ins B&B zwecks Duschen und Refreshen. Gegen 19 Uhr machen wir uns nach Kampfansage an das Wetter bzw. den Wetterbericht, der wahre Schauer verkündet, auf zum Self-Service Restaurant in Fort William. Unserer männlichen Begleitung ist das Excitement direkt anzusehen. Wir landen dann zwar ganz woanders, weil das Self Service zwar "all day", aber nicht bis abends um acht offen hat, aber nachdem es hier [bei einem Bar Meal in einem bunte-Klettertouristen-Nepp-Shop-und- Hotel-Komplex - Red.] Schokoladekuchen gibt, und nachdem J. der Alk ins Blut fließt, ist Essen gehen gar nicht mehr schrecklich. Und als wir dann noch eine High-School Dudelsackgruppe sehen (und vorher schon hören) finden wir hier den Ausklang, der uns noch fehlte. Selbst einige horrende Kniffelrunden, bei denen von C. High-Scores bis 600 erzielt wurden, reißen uns nicht vom Hocker, und als wir J. das letzte seiner Schokoküchlein zum Tee reinstopfen (während C. und ich die superben neuen futtern) ist er, da proppenvoll, für den Satz bereit: "Und jetzt noch ein Pfefferminzplätzchen?"

Freitag, 3.7.92

Heute frühstücken wir wieder allein in unserem B&B [nicht zu vergessen Charlie, den Wellensittich, nettes Kerlchen - Red.] und gegen 10 Uhr sind wir wieder on the road. Früher lohnte sich nicht, denn das Wetter artet in eine Katastrophe aus. Zuerst fahren wir ca. 50 km Umweg, um laut Reiseführer ein ganz besonders nettes Schloß anzusehen; es wäre in jedem Bildatlas ein Bild wert. Was wir erblickten, trieb uns Tränen in die Augen. Allerdings nicht vor Ehrfurcht, sondern vor Lachen. Wir Hornochsen (und besonders der Reiseführer), fuhren wir eine Stunde im Regen, um auf einem kleinen Inselchen die vergammelte Ruine einer Burg zu sehen. Erwartet hatten wir ein Prunkschloß und 3-5 Pfund Eintritt. Anschließend umrundeten wir auf vielfachen (vielleicht letzten) Wunsch eines greisen kranken Mannes ein Loch (O-Ton zu C. "oda megst um oans scho im Be'nBe auf'm Bett hoga?"). Sehr viel gesehen haben weder er noch wir, allerdings aus unterschiedlichen Gründen: wir konnten wegen der tiefhängenden Wolken nicht viel erkennen, während er auf dem Rücksitz Schafe zählte (hoffentlich waren einige Hammel im Ringkampf dabei!). So fuhren wir gemächlich Richtung Süden. In Glencoe, einem wahrhaft geschichtsträchtigen Gebiet im 17. Jahrhundert, ließen wir uns über das Massaker an den McDonalds (der gleichen von Armadale) bilden. Anschließend suchten wir auf der Landkarte ein kleines Nebensträßchen, denn der Verkehr nervte uns schon sehr nach der vielen Einöde [außerdem vemißte K. ihre single track roads - Red.]. Wir hatten von der Glen Orchy-Strecke einige phantastische Blicke auf den Fluß und dessen Gesteinsformationen. Schon allein das war den Abstecher wert. Außerdem hielten wir hier bei Nieselregen Lunchpause. Weiter ging's um einige Steinchen reicher Richtung Süden. Da diese Umleitung ein voller Erfolg war, entschieden wir uns [am im Regen unsichtbaren Loch Lomond - Red.] für eine weitere kleine Umleitung Richtung Shandon, wo unser letztes B&B war. Das war allerdings keine so günstige Idee. Dieses Ministräßchen war der Verbindungsweg zwischen einer Stadt und einer U-Boot-Werft an der Küste. Wie wir später hörten, war um 16 Uhr Schichtende, und genau dann kurvten wir dort im Gegenverkehr. Jedem Arbeiter pressiert's, nach Hause zu kommen und so werden die vorhandenen Ausweichen des Singeltracks pur ignoriert. Aber ein alter Hase schafft das schon [auch wenn diese Kerle partout nicht ausweichen und das Aneinander-Vorbeikommen sehr schwierig ist, wenn's neben der Straße 20 cm zum Untergrund runtergeht - Red.]. Wir werden auch sofort wiedererkannt, als wir ankommen. Bei Schnürlregen packen wir das ganze Auto aus und schleppen das Zeug in unser Zimmer. Hier beginnt eine senationelle Packaktion. Ich stopfe alles in den Rucksack [war wohl ein schwarzes Loch drin? - Red.] und gebe nur 2 Flaschen ab an J. und C., die mit ihren Flaschen einen Sauf-Backpack produzieren - wer mit diesem Monster wohl durch den Zoll geht? Alles andere bringe ich, zugegeben mit Mühe, in meinen Rucksäcken unter. Ich bin auch bald fertig mit dieser Packlerei und nehme den vordersten Platz im neu eröffneten Heimkino ein. Akteure: 2 Koffer, J.; Film- and Art-Director: C.; Requisitenüberprüfung erfolgt durch J. folgenderweise: räumt großen Koffer aus, türmt alles in kleinen Koffer und Rest auf Fußboden. Pause (Knie schmerzt). 2. Szene: räumt unter Umgehung aller Regieanweisungen großen Koffer ein. Allerdings wie wenn er immens viel Platz hätte. Pause (s.o.). Großes Gejammer, da Koffer voll, sagt J. Regie ergreift Aktion. Drückt, quetscht, stopft. Alles drin. Regie schweigt - Akteur schimpft. Vorhang fällt. Sämtliche Aggressionen werden beim Neunerln ausgelebt, der Sieger bekommt eine Pie, der Verlierer wird vom zweiten Gewinner malträtiert.

[Leider verließ unseren braven Berichterstatter hier die Lust, deshalb trage ich nun den Rückflugtag nach. Also:

Samstag, 4.7.1992

Nach erstaunlich gutem Schlaf im Dreierzimmer (nur hin und wieder ein Schnarcher, unterdrücktes Stöhnen wegen schmerzender Körperteile oder lautes Schnaufen durch verstopfte Nase) halten wir uns beim Frühstück lange auf und ratschen mit einem amerikanischen Medizin- und Informatikprofessor walisischer Abstammung und mit der Spezialität Neuronale Netze (Hilfe, die Arbeit hat mich wieder) über die miserable Qualität des amerikanischen Bildungssystems. Spät aufgebrochen, sind wir dennoch inklusive Autoabgeben viel zu früh am Flughafen, dürfen aber leider nicht in die frühere Maschine. Den Kummer darüber ersticken wir mit einem Apfelpastetchen und einem Bummel durch die Flughafenshops (aber immer nur zwei gleichzeitig, denn die Gepäckstücke sind sauschwer). Dafür startet dann unser Flieger mit einer 3/4 h Verspätung, da zwei Koffer drin sind, aber nicht ihre Besitzer, die sich auch nach mehrfacher Aufforderung nicht rühren. Das Gepäck wird dann durchgefranzt, bis die zwei verdächtigen Koffer entfernt sind. In London finden wir in der Nähe des verwirrenden Eincheck-Areals auch einen Shop, der Karins heißgeliebte Cookies führt. Zum Dank für unser fortgesetztes Wohlverhalten läßt sie uns auch eines probieren und kündigt gleich darauf die Bestellung weiterer Lieferungen an. Weiterhin werden im Duty Free 4 Stangen Zigaretten gekauft, und kurz danach entbrennt die Diskussion, ob die Menge jetzt (innerhalb Europa) für 3 Personen erlaubt ist. Wir verstauen die Zigaretten in unserem Handgepäckkoffer und kommen mit Karin überein, daß sie ihn in München durch den Zoll trägt. Recht pünktlich landen wir dann mit nur 10 Minuten Verspätung in München. Unser Gepäck kommt als letztes vom Band, wie immer, und anscheinend war das gesamte TV-Equipment von ITV darauf gelegen (Sch...-Weltwirtschaftsgipfel, mein schönes Skye-Poster war trotz Hülle zerquetscht). Prompt werde ich am Zoll aufgehalten, weil ich mich mit dem schweren Koffer und der leichten Tüte verdächtig gemacht habe. Es waren in dieser aber nur die Cookies drin, ätsch. Draußen treffen wir auch gleich den Schneider-Papa, der uns und unsere Koffer in den Golf lädt (oh, wie eng!). Dann begann eine Zitterpartie, denn der gute Mann ist anscheinend nacht-blind, jedenfalls fuhr er immer gleichschnell (selbst dann, wenn die Polizei am Straßenrand stand und 40 vorgeschrieben war!) und immer zwischen mittlerer und rechter Spur. Trotzdem kamen wir heil zu Hause an, im Regen versteht sich.

- Red.]

ENDE





   Zurück zur Reiseseite
Zurück zur Hauptseite